In einem Zeitalter, in dem KI-Bildgeneratoren wie Midjourney (Version 6) Realität und Kunst kaum noch unterscheidbar machen, steht die Fotografie möglicherweise vor ihrer größten Wende. Diese Technologie eröffnet den Weg für eine neue Ära, in der jede*r zum Schöpfer*in werden kann – ohne die technischen Hürden der traditionellen Fotografie meistern zu müssen. Wie wirkt sich das auf die Rolle von professionellen Fotografen aus und wie bewahrt man in dieser neuen Welt die Wahrheit?
Was genau ist Midjourney eigentlich?
Midjourney ist ein Text-zu-Bild-Generator, der mithilfe einer KI Bilder erzeugt. Das Tool funktioniert über einen Server auf der Gaming- und Chat-Plattform Discord. Midjourney ist kostenlos nutzbar, jedoch steht Nutzer*innen, die nicht registriert sind, nur eine begrenzte Rechenzeit zur Verfügung. Midjourney ist trotz zahlreicher Konkurrenten nach wie vor der ungekrönte König, wenn es um KI-Bildgenerierung geht.
Midjourney kann auch auf Deutsch genutzt werden, jedoch funktioniert das Tool besser auf Englisch. Das leistungsstarke Tool wurde von David Holz gegründet. Er war zuvor ein Mitgründer der Firma Leap Motion und arbeitete bei der NASA. Midjourney befindet sich seit Juli 2022 in der offenen Beta-Phase. Die Plattform wird seitdem ständig weiterentwickelt und verbessert. Seit 21. Dezember 2023 ist Version 6 als Alpha verfügbar. Wichtigste Neuerung ist ein deutlich verbesserter Umgang mit Text im Bild und die Möglichkeit fotorealistische Bilder auf höhstem Niveau zu erstellen.
Hier sieht man, wie drastisch sich die Bildqualität innerhalb weniger Monate von Version 1 zu Version 6 verbessert hat. Für die Bilder wurde immer der gleiche Prompt verwendet.
Nie zuvor war es so einfach, seinen kreativen Fantasien Ausdruck zu verleihen. KI-generierte Bilder waren vor einem halben Jahr noch eindeutig als KI-Bilder identifizierbar. Mittlerweile ist das allerdings schon wesentlich schwieriger geworden. Ein Nutzer der Plattform Reddit bringt das in diesem Bild treffend auf den Punkt:
Midjourney und der Zugang zur grenzenlosen Kreativität
Midjourney hat mit seiner aktuellen Version 6 die Vorstellungskraft befreit, indem nahezu jeder die Möglichkeit bekommt, visuelle Ideen ohne tiefgreifendes technisches Wissen umzusetzen. Egal, ob jemand die Komplexität von Blenden, ISO und Belichtungszeiten kennt oder nicht – mit einfachen Textanweisungen können jetzt komplexe und ansprechende Bilder erzeugt werden – und das auf allerhöchstem technischen und künstlerischen Niveau!
Bei vielen Bildern, muss man mittlerweile schon sehr genau hinsehen, um sogeannten Artefakte (Fehler der Bildgeneratoren), wie z.B. überzählige Finger zu identifizeren. Hier sind einige Beispiel, wie unglaublich gut diese Technik bereits jetzt ist:
Besonders Gesichter sind beängstigend realistisch
Besonders bei der Generierung menschlicher Gesichter hat Midjourney mittlerweile extreme Fortschritte gemacht. Bilder, die vor einigen Monaten noch problemlos als künstlich generiert zu erkennen waren, sind es jetzt plötzlich nicht mehr. Die fotorealistischen Beispiele, die man hier betrachten kann, sind über alle Maßen beeindruckend. Jede dieser dargestellten Personen existiert nicht und wirkt trotzdem so unglaublich real. (Quelle: Midjourney)
Die Beständigkeit der Berufsfotografie
Trotz der beeindruckenden Möglichkeiten, die KI-Bildgeneratoren bieten, bleiben Berufsfotografen für viele Aufgaben unerlässlich. Ihre Expertise im Umgang mit Licht, ihre Fähigkeit, Momente und Emotionen einzufangen, sowie ihre umfassende Erfahrung im Erzählen visueller Geschichten lassen sich nicht einfach durch Algorithmen ersetzen.
Darüber hinaus eröffnen sich für Profis neue Möglichkeiten im Umgang mit KI, um ihre Arbeit zu ergänzen und zu erweitern. Denn als Hilfsmittel kann KI Fotograf*innen auf vielfältige Weise unterstützen, ihre Arbeit zu verbessern und zu vereinfachen. Hier sind einige Beispiele:
- Effiziente Bildbearbeitung:
KI-Programme können zeitaufwendige Bearbeitungsprozesse automatisieren, wie das Retuschieren von Haut, das Anpassen von Beleuchtung und Farben oder das Freistellen von Objekten.
- Inspirationsquelle:
Durch das Erzeugen von Bildern mithilfe von Textbeschreibungen können sich Fotografen von KI erzeugte Konzepte und Szenarien als Inspiration für eigene Shootings und Projekte anzeigen lassen.
- Organisation:
KI-Anwendungen können dabei helfen, große Mengen an Fotografien zu sortieren und zu katalogisieren, indem sie Bilder nach Motiven, Personen oder anderen Kriterien automatisch kategorisieren.
- Lernen und Verbesserung:
KI-basierte Analyse von Fotos kann Fotografen detailliertes Feedback zu ihren Bildern geben und Bereiche für potenzielle Verbesserungen aufzeigen.
Fake-Prävention in den Medien
KI-generierte Bilder, die echten Fotografien zum Verwechseln ähnlich sehen, stellen eine Herausforderung für Medien und Gesellschaft dar. Sie sind leicht zugänglich und können ohne großes Fachwissen erstellt werden, was ihre weite Verbreitung begünstigt. Schwierigkeiten bei der schnellen Echtheitsüberprüfung erhöhen das Risiko, dass diese Bilder unbemerkt in Massenmedien erscheinen, und bedeuten ein potenzielles Werkzeug für Desinformation. Ethische Fragen bezüglich Authentizität und Urheberschaft müssen dringend adressiert werden, um Vertrauen in Medieninhalte zu wahren.
Diese Maßnahmen könnte dabei helfen, zukünftig KI-generierte Bilder besser als solche identifizieren zu können:
- Digitale Wasserzeichen und Blockchain:
Durch die Verwendung von digitalen Wasserzeichen, die in die Bilder eingebettet werden, könnte die Herkunft verifiziert werden. Eine Blockchain-Basierung kann zusätzlich für Transparenz sorgen, indem sie eine unveränderbare Aufzeichnung der Bildherkunft bereitstellt.
- Gesetzliche Regelungen:
Es könnte neue Gesetze geben, die klare Richtlinien für die Kennzeichnung von KI-generierten Bildern in Öffentlichkeitsmaterialien festlegen.
- Bildungsinitiativen:
Um den kritischen Umgang mit Medien zu fördern, könnten Bildungsprogramme entwickelt werden, die auf das Erkennen von KI-generierten Bildern versus echte Fotografien abzielen.
- Software-Tools für die Überprüfung:
Journalisten und Redakteure könnten zunehmend auf Software angewiesen sein, die die Echtheit von Bildern bestätigt, bevor sie veröffentlicht werden.
grenzenlose Kreativität für jede*n
Die Bedeutung hinter Midjourney und ähnlichen Technologien misst sich nicht nur an der technischen Leistungsfähigkeit, sondern auch an der neu gewonnenen Freiheit für individuelle Kreativität. Indem sie die Tür für jedermann öffnen, bringen KI-Bildgeneratoren die Fotografie und Bildgestaltung in die Hände der breiten Masse. Das birgt das Potenzial für eine bisher angedachte Diversität und Reichhaltigkeit im visuellen Ausdruck.
Hier sind einige Beispiele von Midjourney-Bildern, die auf Reddit und in Facebook-Foren geteilt wurden. Die Bilder zeigen eindrucksvoll, was Midjourney (Ende Dezember 2023) bereits zu leisten imstande ist. Midjourney kann mittlerweile sogar schon individuellen Text in generierte Bilder einbauen:
Fazit
Die Fotografie, wie wir sie kennen, ändert sich. Doch anstatt den Verlust der Berufsfotografie zu befürchten, können wir den Wandel als eine Erweiterung des Feldes begreifen. KI-Bildgeneratoren wie Midjourney bieten Möglichkeiten für kreative Menschen überall auf der Welt, ungeachtet ihrer technischen Fähigkeiten.
Während wir uns der Herausforderungen von Echtheit und Wahrheit bewusst sein müssen, bietet sich hier auch die einmalige Chance, eine neue Welt des visuellen Geschichtenerzählens zu erkunden, die inklusiver und vielfältiger ist als je zuvor. Jeder und jede kann jetzt die faszinierenden, kreativen Möglichkeiten von KI-Bildgeneratoren selbst ausprobieren – und das ist sehr gut so.
Quellen:
https://www.nytimes.com/2023/12/26/opinion/ai-future-photography.html
https://youtu.be/2ohCN9vlM6g?si=LXRwOQMGOZQ5ev2l
https://www.vogue.com/article/photography-in-the-age-of-artificial-intelligence-essay-fred-ritchin
