Die Auseinandersetzung mit KI im Kunstunterricht eröffnet eine spannende Dimension des Lernens und Lehrens. Während traditionelle künstlerische Techniken weiterhin von großer Bedeutung sind, bietet die Integration von KI eine innovative Möglichkeit, Kreativität und Technologie zu verbinden. In diesem Artikel zeige ich, wie man das Thema KI im Kunstunterricht behandeln kann.

Kunst per KI

Wir leben in einer Zeit, in der die Erstellung von Kunstwerken nicht mehr nur von Menschen, sondern auch von Maschinen, besser gesagt von künstlicher Intelligenz, geschaffen werden kann. KI-generierten Kunstwerke wie das Porträt von Edmond de Belamy, das Bild Théâtre D’opéra Spatial oder « The Next Rembrandt » zeigen eindrucksvoll, wie Künstliche Intelligenz (KI) die Kunstwelt verändert bzw. komplett auf den Kopf stellt.

Das Porträt von Edmond de Belamy, erstellt von dem Künstlerkollektiv Obvious, wurde mithilfe eines Algorithmus namens GAN (Generative Adversarial Network) erzeugt und 2018 bei Christie’s für 432.500 Dollar versteigert. Dies markierte einen Meilenstein, da es das erste von einer KI geschaffene Werk war, das bei einer renommierten Auktion verkauft wurde.

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KI-Porträt von Edmond de Belamy (Public domain, via Wikimedia Commons

Das Foto „Pseudomenia – The Electrician“ vom deutschen Fotografen Boris Eldagsen gewann damit sogar den Sony World Photografy Award, bei dem es eigentlich nur um „echte“ Fotografien ging. Die Jury wusste nicht, dass das eingereichte Foto des Fotografen eigentlich KI-generiert war. Der Fotograf nahm den Preis aber nicht an, seine Intention war es, einen Diskurs über den Stellwert von KI in der Kunst anzustoßen, was ihm auch gelang.

Das KI-Bild Théâtre D’opéra Spatial, das 2022 den ersten Preis bei der Colorado State Fair gewann, sorgte ebenfalls für großes Aufsehen. Es wurde von der KI-Software MidJourney entwickelt und stellt eine futuristische Opernszene dar. Diese Beispiele zeigen, dass KI nicht nur traditionelle künstlerische Grenzen überschreitet, sondern auch in der Lage ist, Anerkennung in etablierten Kunstkreisen zu finden.

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Théâtre D’opéra Spatial, Midjourney, Public domain, via Wikimedia Commons

Was die aktuelle Version von Midjourney zu Leisten imstande ist, habe ich bereits hier genauer beschrieben. Doch KI kann nicht nur neue Kunst erschaffen, sondern sie ist auch in der Lage, bestehende Kunstwerke perfekt nachzuahmen.

The Next Rembrandt“ ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie Künstliche Intelligenz die Kunstwelt bereichern kann. Dieses Projekt, das 2016 von einem Team aus Datenwissenschaftlern, Entwicklern und Kunsthistorikern ins Leben gerufen wurde, hat mithilfe von Algorithmen ein neues Gemälde im Stil von Rembrandt van Rijn geschaffen.

Durch die Analyse von über 300 Gemälden des niederländischen Meisters und die Verwendung von 3D-Drucktechniken gelang es der KI, ein täuschend echt wirkendes Porträt zu erzeugen, das Rembrandts typischen Stil und Techniken nachahmt. „The Next Rembrandt“ zeigt eindrucksvoll, wie moderne Technologie traditionelle Kunstformen neu interpretieren und erweitern kann.

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ING Group, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Diese drei KI-Kunstwerke bieten eine gute Diskussionsgrundlage, um mit Schüler*innen z. B. in Gruppenarbeit über die Berechtigung von KI in der Kunst zu diskutieren. Auch die folgenden Fragen sind in diesem Zusammenhang interessant:

  • Welchen Stellenwert hat der Künstler bzw. die Künstlerin eigentlich bei der Erstellung eines Kunstwerks?
  • Sollten KI-generierte Werke speziell gekennzeichnet werden?
  • Welche Auswirkungen könnte eine Weiterentwicklung von KI auf die Zukunft der Kunst haben?
  • Wer ist eigentlich der Urheber eines KI-generierten Kunstwerks?

Kunstwerke mit Chatbots analysieren lassen

Hintergrundinformationen:
KI in Form von ChatGPT und Co. kann den Schüler*innen Hintergrundinformationen über Künstler*innen, Epochen und Kunstbewegungen liefern. Dies hilft den Schülern, den Kontext der Kunstwerke besser zu verstehen.

Interpretationshilfe:
Wenn Schüler*innen Schwierigkeiten haben, die Bedeutung eines Kunstwerks zu entschlüsseln, kann die KI ihnen bei der Interpretation und Analyse helfen. Sie kann Fragen beantworten und verschiedene Perspektiven aufzeigen.

Inspiration und Kreativität:
Die KI kann Schüler*innen dabei unterstützen, ihre eigenen kreativen Ideen zu entwickeln, indem sie Vorschläge für künstlerische Techniken, Themen und Stile macht.

(Re-)Produktion von Kunst:
Mit der Bild-KI können die Schüler*innen eigene Kunst produzieren oder bereits bestehende Kunstwerke durch bewusstes Prompt-Writing verändern oder nachbauen.

Ein Beispiel für die praktische Anwendung der KI im Kunstunterricht könnte folgendermaßen aussehen:

Wahl des Kunstwerks:
Die Lehrperson wählt ein Kunstwerk aus, das zu den aktuellen Lernzielen passt. Dies könnte ein Gemälde, eine Skulptur oder sogar ein modernes digitales Kunstwerk sein.

Bildanalyse:
Die Schüler*innen analysieren das ausgewählte Kunstwerk und verwenden die KI, um Informationen über den Künstler, die Epoche und den Stil zu erhalten.

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Quelle: Microsoft Copilot

Interpretation:
Die Schüler*innen diskutieren und schreiben über ihre eigenen Interpretationen des Kunstwerks. Die KI kann dabei als Hilfestellung dienen und zusätzliche Perspektiven bieten.

Kreativer Ausdruck:
Die Schüler*innen werden ermutigt, ihre eigenen kreativen Werke zu schaffen, die von der Bildanalyse inspiriert sind. Die Bild-KI kann Ideen und Techniken für die Umsetzung liefern. Eine weitere denkbare Aktivität: Die Lehrkraft lässt von ChatGPT ein Kunstwerk beschreiben und liest diese Beschreibung dann den Schüler*innen vor. Diese haben dann die Aufgabe das Bild aufgrund der akustischen Beschreibung nach zu skizzieren.

Lass dir eine Geschichte erstellen!

Eine weitere Möglichkeit, den Kunstunterricht mit dem Einsatz von KI zu bereichern, bietet die Möglichkeit sich eine Geschichte zu jedem beliebigen Kunstwerk erstellen zu lassen. Diese Geschichten können ein guter Einstieg für eine Kunststunde sein und stimmen die Schüler*innen sehr gut auf die Atmosphäre eines bestimten Kunstwerks ein. Hier habe ich von Copilot eine Geschichte zum Kunstwerk „Die Nachtwache“ von Rembrandt erstellen lassen:

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Quelle: Copilot

selber KI-Kunst erstellen

Neben einer theoretischen Auseinandersetzung mit dem Thema KI-Kunst darf natürlich auch ein praktischer Zugang nicht fehlen. In diesem Zusammenhang lohnt es sich natürlich auch, den Schüler*innen zu erklären, wie KI-Bildgeneratoren überhaupt funktionieren und was einen guten Prompt ausmacht.

Alles dazu findest du in diesem Artikel oder auch in diesem Video zu Dall-E:

Quelle: Youtube – OpenAI

Für den Unterricht bieten sich die folgenden kostenlosen KI-Bildgeneratoren besonders gut an:

Bei eduki.de findest du hier eine kostenlose Liste mit kostenlosen KI-Bildgeneratoren zum Ausdrucken!

Inspiration für Kreativität

LLM bieten mittlerweile die Möglichkeit auch KI-Bilder zu generieren. Bei ChatGPT und Copilot kann man das beispielsweise sogar kostenlos im begrenzten Ausmaß selbst ausprobieren. In diesem Beispiel habe ich das Kunstwerk „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ vom deutschen Romantiker Caspar David Friedrich als Ausgangslage für ein Mashup mit der „Sternennacht“ von Van Gogh verwendet. Herausgekommen ist eine äußerst interessantes Bild, das eine gute Grundlage für eine eigene künstlerische Umsetzung zu dem Thema bietet.

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Quelle: Dall-E , openAI

gleicher Prompt – unterschiedliche Stile

Nicht nur das Erstellen von KI-Kunst allein, sondern auch das Abändern bzw. das Transformieren desselben Bildes in andere (Kunst)Stile ist interessant. Hier ist dazu ein mögliches Unterrichtsszenario aus meinem Kunstunterricht in einer 8. Klasse:

Die Schüler*innen überlegen sich kreative Prompts für außergewöhnliche KI-Bilder. Danach werden in einem Brainstorming an der Tafel verschiedene mögliche Variationen, Techniken und Stile für das Bild gesucht (z. B. Expressionismus, Bleistiftzeichnung, Pop-Art, Cyberpunk usw.). Jetzt sollen vom Ursprungsbild auch noch in 4 weiteren Variationen in andren Stilen oder Techniken erzeugt werden.

In diesem Beispiel habe ich mit Dall-E ein hyperrealistisches Bild eines Astronauten unter Wasser erzeugen lassen. Der Prompt dazu lautete jedesmal: „Erstelle mir ein Bild eines Astronauten unter Wasser im ____ Stil.“

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erstellt mit Dall-E, Prompt: realistisches Bild eines Astronauten unter Wasser

Danach wird er derselbst Prompt abgewandelt, um statt eines realistischen Bildes eine Pop-Art-Variante des « Astronauten unter Wasser » zu erhalten.

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erstellt mit Dall-E, Comic-Version des ursprünglichen Prompts

Auch eine expressionistische Variante im Stil eines Ölgemäldes ist kein Problem für den KI-Bildgenerator Dall-E von OpenAI.

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erstellt mit Dall-E, expressionistische Variante des ursprünglichen Prompts

Eine Bleistift-Variante funktioniert ebenfalls beeindruckend gut.

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erstellt mit Dall-E, Bleistift-Variante des ursprünglichen Prompts

Eine Kawaii-Variante ist ebenfalls kein Problem. Der Kawaii-Style stammt aus Japan und ist bekannt für seine niedliche, verspielte und kindliche Ästhetik.

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Auch im Pixel-Art-Stil macht unser Astronaut unter Wasser eine gute Figur!

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Eine Version im Anime-Stil darf natürlich auch nicht fehlen!

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Ein Mosaik-Stil ist ebenfalls kein Problem.

Kunstunterricht

Zu guter Letzt ist auch noch noch die „Cyberpunk-Variante“ des Astronauten sehr eindrucksvoll geworden.

Kunstunterricht
erstellt mit Dall-E, Cyberpunk-Variante des ursprünglichen Prompts

Alle vier Varianten können im nächsten Schritt übersichtlich auf einem A4-Querformat in Word oder Pages gegenübergestellt und beschriftet werden. Zusätzlich können sich die Schüler*innen auch Gedanken darüber machen, was die konkreten Unterschiede in den verschiedenen Stilen ist (z. B. ist die Comic-Version flächig, mit schwarzen Outlines und knalligen, bunten Farben usw.) Das fertige Dokument wird als PDF abgespeichert und auf der Lernplattform als Abgabe hochgeladen.

Ein fertiges Arbeitsblatt für diesen Arbeitsauftrag findest du hier bei eduki.de.

KI-Spiele für den Kunstunterricht

Einfache Onlinegames eignen sich gut für den Kunstunterricht, weil sie KI-Technologie und Kreativität miteinander kombinieren. Was auf den ersten Blick wie einfache Browserspielchen wirkt, hat das Potenzial, sich näher damit und den Mechanismen dahinter zu beschäftigen.

Quick Draw

Bei diesem kostenlosen Browserspiel von Google hat der Spieler die Aufgabe, innerhalb von 19 Sekunden eine Skizze von einem zufällig ausgewählten Objekt oder Subjekt zu zeichnen. Es handelt sich um ein unterhaltsames Experiment, das maschinelles Lernen (Machine Learning) veranschaulicht. 

Je häufiger du und andere Leute Quick, Draw!spielen, desto mehr lernt die KI dazu und desto besser kann sie Dinge erkennen. Wenn du möchtest, kannst du selbst mithelfen, das neuronale Netzwerk zu trainieren, indem du deine Zeichnungen der weltweit größten Datenbank für Zeichnungen hinzufügst.

AutoDraw

AutoDraw ist ein unterhaltsames und kostenloses Online-Zeichenwerkzeug, das künstliche Intelligenz (KI) verwendet, um fertige Zeichnungen auf der Grundlage deiner Kritzeleien vorzuschlagen. Du kannst Vektorgrafik-Zeichnungen erstellen und Objekte kombinieren, um noch kreativer zu sein. Es funktioniert so, dass du einfach deine Skizze zeichnest, und AutoDraw schlägt dir dann passende Zeichnungen vor, die du verwenden kannst.

DoodleAI

DoodleAI ist eine kostenlose Webseite, bei der die User*innen eigene kleine Zeichnungen erstellen und die KI von DoodleAI erstellt dann automatisch ein KI-Bild im gewünschten Stil! Nachdem die User*innen eine beliebige Figur oder einen Gegenstand gezeichnet haben, muss nur noch ein erklärender Prompt eingegeben und ein gewünschter Stil ausgewählt werden.

Kunstunterricht
Quelle: DoodleAI

Art Remix von Google Arts and Culture

Art Remix ist ein faszinierendes Spiel von Google Arts and Culture, das Kunstliebhaber*innen und Kreative gleichermaßen begeistert. In diesem interaktiven Erlebnis können Nutzer*innen klassische Kunstwerke auswählen und deren visuelle Komponenten durch neue Elemente ersetzen. Mithilfe von Textanweisungen verwandelt die KI klassische Kunstwerke in neu imaginierte digitale Bilder.

Diese spielerische Herangehensweise ermöglicht es den Nutzer*innen, Kunst auf eine völlig neue Weise zu erleben und ihre Kreativität zu entfalten. Art Remix zeigt eindrucksvoll, wie Technologie und Kunst harmonisch zusammenwirken können, um einzigartige und inspirierende Kunstwerke zu schaffen.

Kunstunterricht

Sprich bei character.ai mit berühmten Künstler*innen!

Eine ganz besondere Art sich im Kunstunterricht mit dem Thema KI zu beschäftigen, ist die Webseite character.ai. Auf der Plattform Character.ai (auch als App verfügbar) kann man nach einer kostenlosen Registrierung mit zahlreichen weltbekannten Persönlichkeiten kostenlos chatten!

So können sich Schüler*innen im Rahmen des Kunstunterrichts z. B. mit der weltbekannten, mexikanischen Künstlerin Frida Kahlo unterhalten und sogar mit den KI-Modellen „telefonieren“. Dabei wird ein Telefonanruf simuliert und man spricht mit dem jeweiligen Chatbot. Alternativ dazu kann man natürlich auch einfach chatten. Die Seite und die Chats sind grundsätzlich auf Englisch, aber man kann auch einfach fragen, ob man sich auch auf Deutsch weiter unterhalten kann. Große Empfehlung!

Kunstunterricht
Quelle: character.ai

Weitere KI-Spiele für den Unterricht findest du in diesem Artikel.

Fazit zu KI im Kunstunterricht

Das Thema KI bietet auch für den Kunstunterricht gute Möglichkeiten für eine vertiefende Auseinandersetzung mit diesem so wichigen Thema. Die hier beschriebenen Beispiele bieten eine gute Möglichkeit für einen Einstieg in das Thema KI und für weiterführende Diskussionen und Arbeitsaufträge.

Insgesamt fördert die Auseinandersetzung mit KI im Kunstunterricht nicht nur das Verständnis für KI-Technologie, sondern auch die kreative Gestaltung und Interpretation von Kunstwerken. Es ist eine spannende Möglichkeit, traditionelle Kunst mit modernen Ansätzen zu verbinden und die Schüler*innen für die vielfältigen Aspekte der Kunst zu begeistern.

Ich habe vor kurzem ein Interview für den österreichischen Radiosender Ö1 zum Thema KI im Kunstunterricht gegeben. Du kannst es hier nachhören!