Mit ChatGPT haben Chatbots und das Thema künstliche Intelligenz weltweite Aufmerksamkeit erregt. Dabei gab es bereits in den 60er Jahren erste Chatbots und Versuche, Programme mit menschenähnliche Kommunikationsfähigkeiten zu erschaffen.

Alan Turing und der Turing Test

Die Geschichte der Chatbots beginnt bereits im Jahr 1950 mit Alan Turing. Der brititsche Mathematiker und Kryptoanalytiker stellte sich die Frage, ob ein Computer ein dem Menschen gleichwertiges Kommunikationsvermögen besitzt. Turing entwickelte daraufhin den sogenannten Turing Test.

Der Testaufbau sieht dabei folgendermaßen aus: Eine menschliche Testperson führt über eine Tastatur und einen Bildschirm eine Unterhaltung mit zwei unbekannten Gesprächspartnern führt. Der eine ist ein Mensch, der andere ein Computer. Kann der Mensch nach intensiver Befragung nicht sagen, welcher von beiden die Maschine ist, hat die Maschine den Turing-Test bestanden.

Es dauerte über 70 Jahre, bis der Turing-Test dann wirklich erstmals bestanden wurde – durch eine KI von Google LaMDA und kurz darauf von ChatGPT.

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Juan Alberto Sánchez Margallo, CC BY 2.5, via Wikimedia Commons

Der “Turing-Test” wurde zu einem Maßstab für maschinelle Intelligenz. Die Fähigkeit eines Computerprogramms, kohärente und kontextgerechte Antworten auf eine Vielzahl von Fragen zu geben, zeigt, dass es die menschliche Sprache auf einem Niveau versteht, das mit dem eines Menschen vergleichbar ist.

ELIZA (1966): der allererste Chatbot

Das Computerprogramm “ELIZA” aus dem Jahr 1966 gilt als eines der ersten Beispiele für künstliche Intelligenz. Bekannt geworden ist es für die oberflächliche Simulation eines Psychotherapeuten. ELIZA konnte auf einfache Fragen und Aussagen der Benutzer*innen antworten, indem sie bestimmte Sprachmuster erkannte und darauf entsprechend reagierte.

Eine modernere Variante von ELIZA kann auch heute noch hier ausprobiert werden. Das rudimentäre Sprachprogramm wurde zum Wegbereiter für die Entwicklung der heutigen virtuellen Assistenten und Chatbots.

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Public domain, via Wikimedia Commons

PARRY (1972): der paranoide Chatbot

Der Chatbot PARRY folgte sechs Jahre nach ELIZA und war ein Chatbot, der in der Lage war, das Verhalten eines paranoiden Menschen zu simulieren. Während ELIZA eine “augenzwinkernde” Simulation eines Therapeuten war, versuchte PARRY, eine Person mit paranoider Schizophrenie zu simulieren. Es verkörperte auch eine Gesprächsstrategie und war damit ein viel ernsthafteres und fortschrittlicheres Programm als ELIZA. Es wurde als “ELIZA with attitude” beschrieben.

ALICE (1995): der Open-Source-Chatbot

A.L.I.C.E. (Artificial Linguistic Internet Computer Entity) war eines der leistungsstärksten Programme seiner Art, war aber trotzdem noch immer nicht in der Lage den Turing-Test zu bestehen. ALICE konnte auf natürliche Weise mit Benutzer*innen interagieren. Das Besondere an ALICE ist, dass es ein Open-Source-Projekt ist, an dem 300 über die ganze Welt verteilte Programmierer beteiligt sind.

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Quelle: researchgate.net

Deep Blue (1997): der Schachcomputer von IBM

Deep Blue war ein von IBM entwickelter Schachcomputer. Das Besondere an dieser KI war es, dass sie es zum allerersten Mal schaffte, einen menschlichen Gegner in einem Wettkampf zu schlagen. 1997 besiegte Deep Blue den amtierenden Schachweltmeister Garri Kasparow in einem Sechs-Partien-Match. Dies markierte einen bedeutenden Meilenstein in der Entwicklung künstlicher Intelligenz und der Fähigkeit von Computern, Schach zu spielen.

James the photographer, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

SmarterChild (2001): der kluge, kleine Helfer

SmarterChild war ein sehr erfolgreicher Chatbot, der in Instant-Messaging-App wie AOL Instant Messenger und Windows Live Messenger eingesetzt wurde. SmarterChild erfreute sich großer Beliebtheit und hatte im Laufe seines Bestehens über 30 Millionen Instant Messenger “Freunde” bei AIM (AOL), MSN und Yahoo Messenger.

Die Nutzer*innen konnten mit dem Chatbot eine Beziehung aufbauen und man konnte SmarterChild auch nach nützlichen Informationen, wie z.B. nach Börsenkursen, Kinozeiten oder dem Wetter fragen. In vielerlei Hinsicht war SmarterChild ein Vorläufer von Siri von Apple und S Voice von Samsung.

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Quelle: kirsle.net

Siri (2011): Apple’s Sprachbot

Die Spracherkennungs-Software wurde von Nuance Communications erstellt und nutzt maschinelles Lernen, um zu funktionieren. Bereits 2005 wurden die Siri-Stimmen von amerikanischen, britischen und australischen Sprecher*innen aufgenommen. Diese wussten allerdings zunächst gar nicht, wofür die Aufnahmen später verwendet werden.

Siri wurde im Februar 2010 als App für iOS veröffentlicht. Zwei Monate später wurde sie von Apple übernommen und bei der Veröffentlichung des iPhone 4S am 4. Oktober 2011 in das Gerät integriert. Die separate App wurde aus dem iOS App Store entfernt. Seitdem ist Siri ein fester Bestandteil von Apples Produkten.

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eatthepieface, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Alexa (2014): der Chatbot von Amazon

Amazon Alexa, oder einfach nur Alexa genannt, ist ein virtueller Sprachassistent von Amazon, der 2014 auf den Markt kam. Sie wurde erstmals in Amazon Echo und anderen Geräten eingeführt. Alexa kann Sprachinteraktion, Musikwiedergabe, To-Do-Listen, Alarme, Podcasts, Hörbücher und Echtzeitinformationen wie Wetter und Nachrichten bereitstellen. Sie steuert auch Smart Home Geräte und kann durch Drittanbieter-“Skills” erweitert werden, die zusätzliche Funktionen hinzufügen. Alexa verwendet Spracherkennung und künstliche Intelligenz, um Aufgaben auszuführen und bietet eine vielseitige und bequeme Plattform für Nutzer.

Die Grundidee von Alexa war es, dass Amazon die Hardware (also den Amazon Echo Lautsprecher) sehr günstig, also nicht kostendeckend, verkauft. Die Kosten sollten durch Produktbestellungen mithilfe von Alexa wieder eingespielt werden und so auch die Umsätze von Amazon gesteigert werden. Diese Rechnung ging aber nie auf. Seitdem vernachlässigt Amazon Alexa zunehmend und entwickelt sie nicht mehr weiter. Ein ehemaliger Amazon-Mitarbeiter bezeichnet Alexa als “kolossalen Misserfolg“.

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gemeinfrei via Wikimedia Commons

Xiaoice (2014): der emotionale Chatbot

Xiaoice (“kleines Eis”) schreibt Liebesbriefe, und Gedichte und hat weltweit rund 600 Millionen Online-Fans. Vor allem im asiatischen Raum hat der Chatbot Kultstatus. Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Chatbots ist, dass er der dazugehörige Avatar das Aussehen und die Stimme eines 18-jährigen asiatischen Mädchens hat.

Bei der Entwicklung des Chatbots wurde großer Wert darauf gelegt, dass der Chatbot menschlich interagieren kann und zunehmend als reale Person wahrgenommen wird. Er kann die Gefühle seiner Nutzer*innen erkennen und entsprechend darauf reagieren. Mittlerweile ist die 6. Generation von Xiaoice in 5 Ländern (China, Japan, USA, Indien und Indonesien) auf mehr als 40 Plattformen aktiv.

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Shellbrd, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Google Assistant (2016): Google’s Alleskönner

Den Google Assistant gibt es seit 2016 und er ist der Sprachassistent von Google. Er läuft auf Smartphones (sowohl mit Android– als auch Apple-OS), Lautsprechern, Wearables oder im Auto. Aktiviert wird der Assistent durch das Aussprechen der zwei Worte “Ok Google”. Mit dem Google Assistant hat man natürlich Zugriff auf die Suchmaschine Google, man kann damit seinen Alltag planen und Musikdienste und Smart-Home-Geräte steuern.

Google LLC, Public domain, via Wikimedia Commons

Kuki (2016): der Metaverse-Chatbot

Kuki behauptet, ein 18-jähriger weiblicher Chatbot aus dem Metaverse zu sein. Sie ist die Weiterentwicklung des Chatbots ALICE und wurde entwickelt, um sich mit Menschen im Metaversum anzufreunden.

Kuki war früher unter dem Namen Mitsuku bekannt und diente als Inspiration für das Science-Fiction-Filmdrama Her von Spike Jonze aus dem Jahr 2016. Mit Kuki kann über ein Online-Portal, den Facebook-Messenger, den Twitch-Gruppenchat, Telegram, und Discord gechattet werden. Die KI hat auch Konten auf Instagram, TikTok, YouTube und Twitter sowie ein Spiel auf Roblox.

Screenshot: kuki.ai

ChatGPT/GPT-3 (2022): der weltweite Hype

OpenAI, das Unternehmen hinter ChatGPT, wurde 2015 gegründet. Das erste Sprachmodell, GPT-1, wurde im Juni 2018 eingeführt. Es bestand aus 117 Millionen Parametern und definierte die grundlegende Architektur für das spätere ChatGPT. Im Februar 2019 startete der Nachfolger, GPT-2 und umfasste bereits mehr als zwölfmal so viele Parameter, nämlich 1,5 Milliarden.

GPT-3 folgte im Juni 2020 – es war mit 175 Milliarden Parametern trainiert worden und das erste Modell, das in der Lage war, wirklich umfassende und unterschiedliche Aufgaben zu erledigen: vom Verfassen von E-Mails und sonstigen Texten, über Übersetzungen bis zur Erstellung von Programmiercode. Zudem war es erstmals in der Lage, umfassend frei formulierte Fragen von Nutzern zu beantworten.

Nachdem OpenAI die Software-Version GPT-3 am 30. November 2022 für die Öffentlichkeit kostenfrei zugänglich gemacht hatte, meldeten sich, trotzdem absichtlicher Limitierung durch die Entwickler, innerhalb von fünf Tagen weltweit eine Million Nutzer an. Denn ChatGPT war nicht mit dem offenen Internet verbunden und ist es in der Basisversion auch beim technisch deutlich leistungsfähigeren Nachfolger GPT 4 bis heute nicht.

Den Hype um die App erklärten sich Expert*innen vor allem mit der sehr einfachen Nutzbarkeit: Erstmals konnten auch Laien weltweit mit KI interagieren, ohne Computer-Kenntnisse zu besitzen.

Original: OpenAI Vektor: Zhing Za, Public domain, via Wikimedia Commons

GPT-4 (2023): der verbesserte ChatGPT

Am 14. März 2023 erschien offiziell Version 4.0 von GPT, welche auch die Fähigkeiten von ChatGPT stark erweitert. GPT-4 besitzt jetzt eine Bildeingabe und ermöglicht die Analyse und Beschreibung von Skizzen und Fotos. Es ist sogar möglich, abfotografierte Aufgaben aus Büchern lösen zu lassen. Wissenschaftliche Arbeiten können hochgeladen werden, um eine Zusammenfassung generieren zu lassen.

Ende März 2023 startete OpenAI seinen Plugin-Store. Dort können Drittanbieter, ähnlich wie bei App-Stores für Smartphones, eigene Apps entwickeln, die User dann nach eigenem Bedarf in GPT-4 integrieren. Diese Plugins ermöglichen diverse Spezialfunktionen, wie beispielsweise die Analyse von Websites auf ihre Suchmaschinenoptimierung, die Zusammenfassung von YouTube-Videos anhand ihrer Untertitel oder die Erstellung von spezifizierten Prompts für andere KI-Tools wie Midjourney. Auch bekannte Internet-Apps wie Expedia, Klarna oder Zapier entwickelten ChatGPT-Plugins.

Google Bard (2023): Google’s Antwort auf ChatGPT (mittlerweile: Gemini)

“Bard” ist ein von Google entwickelter Chatbot, der ursprünglich auf den großen Sprachmodellen der LaMDA-Familie und später auf den PaLM-Large Language Models (LLM) basierte. Er wurde als direkte Reaktion auf den Erfolg von OpenAI’s ChatGPT entwickelt. Im März 2023 wurde er von Google zunächst in begrenztem Umfang veröffentlicht, erhielt jedoch nur eine verhaltene weltweite Resonanz.

Google hat Bard in erster Linie entwickelt, um die Google-Suchmaschine zu verbessern. Der Chatbot kann wie andere Chatbots auf Kommando Texte erstellen, Computercodes schreiben oder Daten auswerten. Dabei nutzt Bard auch die vielfältige Palette an Google-Produkten beziehungsweise -Plattformen. Der große Vorteil von Bard besteht darin, dass er, im Gegensatz zu ChatGPT, direkt mit Suchmaschine Google verknüpft und somit stets aktuelle Antworten geben kann.

Google, Public domain, via Wikimedia Commons

Bing Chat – mittlerweile: Copilot (2023)

Im Februar 2023 startete Microsoft eine umfassende Überarbeitung von Bing, der hauseigenen Suchmaschine, und führte eine neue Chatbot-Funktion ein, die auf OpenAI’s GPT-4 basierte. Über eine Million Menschen schrieben sich innerhalb von 48 Stunden auf die Warteliste ein. Anfang Mai wechselte Microsoft von einer begrenzten Vorschau zu einer offenen Vorschau und beseitigte die Warteliste. Bing Chat war jedoch nur im Microsoft Edge-Browser oder der Bing-App verfügbar, erforderte aber keine Microsoft-Konten mehr.

Mit der Integration von Bing Chat konnte sich der Konzern einen Vorteil gegenüber Marktführer Google verschaffen, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch keine Antwort parat hatte. Das Besondere an Bing Chat ist, dass er genauso wie Bard an eine Suchmaschine (Bing) gekoppelt ist und außerdem auch konsequente Quellenangaben geben kann, die den Chatbot in der angebotenen Qualität einzigartig macht. Außerdem bietet der Bing Chat jetzt auch noch eine Sprachein- und -ausgabe, was ihn aktuell zu meinem Favoriten macht. Mehr Infos dazu findet du HIER.

Hstoops, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Fazit

Chatbots bzw. die Idee, eine menschenähnliche Konversation mit einer Maschine zu führen, geht bis ins Jahr 1950 zurück. Von ELIZA bis hin zu ChatGPT war es in über 70 Jahren ein langer, harter Weg. Seitdem hat sich in der KI-Forschung wahnsinnig viel getan und es kommen laufend neue und vor allem bessere Chatbots und Funktionen dazu.

Auch die Möglichkeit eigene Plugins für ChatGPT entwickeln zu können, erweitert die Funktionen von ChatGPT noch einmal ungemein. Aktuell (Stand September 23) gibt es bereits über 900 Plugins. Man darf mit Spannung in die Zukunft blicken, wie sich diese Entwicklung fortsetzen wird.

Quellen:

https://onlim.com/en/the-history-of-chatbots/

https://de.wikipedia.org/wiki/ChatGPT

https://www.melibo.de/blog/geschichte-der-chatbots

https://de.wikipedia.org/wiki/Google_Bard

https://futurezone.at/b2b/amazons-alexa-verlust-kolossaler-misserfolg-job-abbau-analyse/402231843