Kaum ein anderes Thema erregt momentan mehr Aufmerksamkeit im Bildungswesen als das Thema ChatGPT. Die künstliche Intelligenz bietet sowohl große Chancen, aber auch Risiken für die Nutzung im Unterricht.
Was ist ChatGPT?
Besonders auf Twitter vergeht kein Tag, an dem es nicht unzählige Tweets zu Nutzungsmöglichkeiten für die künstliche Intelligenz zu lesen gibt. Der Entwickler hat ChatGPT mit Schutzmechanismen versehen, mit denen falsche oder schädliche Antworten vermieden werden sollen. Trotzdem wird auf der Website darauf hingewiesen, dass der Chatbot gelegentlich auch falsche Informationen ausgeben kann.
Es handelt sich aktuell nämlich „nur“ um eine öffentlich zugängliche Forschungsvorschau, die durch menschliches Feedback fortlaufend verbessert wird. Innerhalb von fünf Tagen nach der Veröffentlichung waren bereits eine Million Nutzer angemeldet, um das Programm ausführlich zu testen. [1]
Was kann ChatGPT?
Viele Nutzer*innen reduzieren die Software darauf einfache Fragen zu beantworten oder komplizierte Sachverhalte einfach zu erklären. Doch die künstliche Intelligenz kann noch weitaus mehr. Folgende Punkte sind nur eine Auswahl der verblüffenden Anwendungsmöglichkeiten der Software.
– komplexe Text vereinfachen
Im Internet und vor allem auf Twitter (#twlz) überschlagen sich die User mit Nutzerberichten und Erfahrungen, die sie mit ChatGPT gemacht haben. So schreibt beispielsweise ein Physiklehrer, dass er das Programm genutzt hat, um komplizierte Sachtexte in Physik auf eine stark vereinfachte Sprache umformulieren zu lassen. Die Software ist also in der Lage komplexe Sachverhalte in einfachen Worten zu erklären, wodurch sie von vielen Menschen aufgenommen und verstanden werden können. Das macht sie vor allem auch für Unternehmen interessant, die die Informationsvermittlung an Kunden oder Nutzer vereinfachen wollen, beispielsweise im Bildungsbereich, Gesundheitswesen oder in der Finanzbranche.
– virtueller Lernhelfer
Eine andere Möglichkeit ist es, die Software individualisierte Lernfragen zu einem bestimmten Kapitel eines Buches ausgeben zu lassen. Dazu muss einfach nur der Link eines Online Arbeitsbuches (oder einzelnen Kapitel davon) eingegeben werden. Chat GPT erstellt dann automatisch passende Fragen, die zur Prüfungsvorbereitung verwendet werden können.
– Helfer bei Unterrichtsvorbereitungen
Die KI ist in der Lage zu jedem beliebigen Thema einen kurzen und verständlichen Text zu erstellen. In meinem Test erstellt die KI in wenigen Sekunden einen ausgezeichneten Infotext zu Johann Wolfgang von Goethe.
Doch damit nicht genug: Der Chatbot ist sogar in der Lage aus diesem soeben generierten Text auch noch einen brauchbaren Lückentext zu generieren. Am Ende des Textes werden dann sogar noch die einzufüllenden Wörter ausgegeben. Absolut unglaublich! Ein fix fertiges Arbeitsblatt wurde innerhalb von wenigen Sekunden automatisiert vom Chatbot erstellt und kann sofort im Unterricht eingesetzt werden.
– Chat GPT als eigenen Chatbot nutzen
Es ist sogar möglich die KI in die eigene Website zu integrieren und dadurch beispielsweise einen hochwertigen Chatbot zu erhalten. Eine genau Anleitung dafür findest du HIER.
– Ratgeber für alle möglichen Probleme
Die Software kann auch zum Ratgeber für alle möglichen Problemstellungen werden – sogar für medizinische! Wenn man beispielsweise „Was soll ich tun, wenn ich mich depressiv fühle?“ eingibt, spuckt das Programm wirklich brauchbar Vorschläge und Hilfestellungen aus. Hier ist ein Beispiel für das Ergebnis:
– Entwickler für Apps, Games und Websiten
Ein weiteres Einsatzgebiet der KI ist die selbstständige Schreiben von Code z.B. für einfache Videospiele eigene Apps oder Webseiten. ChatGPT kann Code in verschiedenen Programmiersprachen schreiben und verstehen. Somit kann es auch für das Debuggen von Code genutzt werden, den es verbessern und erklären kann. So erstellt Chat GPT einfach so den Python-Code für ein funktionierendes Tic-Tac-Toe-Spiel.
– Chat GPT als kreative Wunderwaffe
Sogar Kreativität ist kein Problem für die künstliche Intelligenz. Was bisher nur Menschen vorenthalten war, stellt für ChatGPT überhaupt kein Hindernis dar. So ist es beispielsweise möglich sich komplette Songtexte oder Geschichten für Romane ausgeben zu lassen. [2]
Auch Skripte für Youtube-Videos oder Filme lassen sich erstellen. Auch die Erstellung von Essays oder Zusammenfassungen zu allen möglichen Themen sind möglich. Sogar Gedichte reimt ChatGPT auf Deutsch mühelos, wenn auch etwas seltsam.
Risiken und Probleme von ChatGPT:
Obwohl künstliche Intelligenzen in unserem Alltag bereits lange eine wichtige Rolle spielen (einfache Service Chatbots, Suchalgorithmen bei Googe, Amazon usw.) ergeben sich durch die Existenz von ChatGPT nun völlig neue Probleme, besonders für das Bildungswesen.
Unter Schüler*innen hat es sich bereits herumgesprochen, dass mit dem Chatbot Hausaufgaben per Knopfdruck erledigt werden können, da oft nur reproduziertes Wissen in einem Aufsatz verlangt wird. Lehrkräfte stehen dementsprechend vor einem großen Problem. Da immer ein anderer Text ausgegeben wird, ist es aktuellen Zeitpunkt (Jänner 2023) unmöglich, ein Plagiat bei einfachen Hausaufgaben nachzuweisen.
Eine Gefahr besteht deshalb vor allem auch bei wissenschaftlichen bzw. auch vorwissenschaftlichen Arbeiten (VWAs). Die Student*innen bzw. Schüler*innen könnten versucht sein, einfach ChatGPT einzelen Passagen oder sogar die komplette Arbeit erledigen zu lassen. Dagegen spricht allerdings die Tatsache, dass die künstliche Intelligenz zwar grundsätzlich dazu in der Lage ist, aber keine dazugehörigen Quellen zu den Informationen angibt. Deshalb können die Infos der KI auch nicht einfach so zum Plagiieren für wissenschaftliche Arbeiten genutzt werden. Trotzdem können mithilfe der KI aber schwierige, wissenschaftliche Texte einfach und verständlicher ausgedrückt werden, die dann einfach 1:1 in eine eigene Arbeit kopiert werden könnten.
Laut Medienpädagoge Christian Swertz von der Uni Wien müssen sich Schulen an diesen Trend anpassen. Man müsse die Schüler*innen fordern, eine eigene Einschätzung abzugeben und Position zu beziehen, da dies KI nicht liefern könne, so Swertz. Auch Prüfungen müsse man anpassen, da es das klassische Abprüfen in naher Zukunft nicht mehr geben dürfe, so Thomas Strasser von der Pädagogischen Hochschule Wien. [3]
Ebenso stellt auch der Entwickler auf seiner Website klar, dass ChatGPT manchmal plausibel klingende, aber falsche oder unsinnige Antworten schreibt. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete ChatGPTs Veröffentlichung als „bedenklich“, da viele Internetnutzer dessen Antworten nicht hinterfragten und wegen fehlender Quellenangaben auch nicht in der Lage seien, sie auf Korrektheit zu prüfen. [4]
ChatGPT reagiert empfindlich auf Änderungen der Eingabeformulierung oder auf mehrfache Versuche mit der gleichen Frage. Zum Beispiel kann das Modell bei einer bestimmten Formulierung einer Frage behaupten, die Antwort nicht zu kennen, aber bei einer leichten Umformulierung kann es richtig antworten.
Im Idealfall würde das Modell klärende Fragen stellen, wenn der Benutzer eine mehrdeutige Anfrage stellt. Stattdessen erraten unsere aktuellen Modelle in der Regel, was der Benutzer beabsichtigt.
Obwohl wir uns bemüht haben, das Modell dazu zu bringen, unangemessene Anfragen abzulehnen, reagiert es manchmal auf schädliche Anweisungen oder zeigt ein verzerrtes Verhalten. [5]
Momentan ist ChatGPT also noch lange nicht ausgereift und die Entwickler sind auf das Feedback der Nutzer*innen angewiesen. Auf Anfrage erklärt ChatGPT sogar selbst, wie man mit dem Programm umgehen soll:
„GPT (Generative Pretrained Transformer) ist ein Sprachmodell, das entwickelt wurde, um menschenähnlichen Text zu generieren. Es hat keine Zeichen- oder Wortbeschränkung und kann Text jeglicher Länge generieren. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Qualität des von GPT generierten Textes variieren kann und möglicherweise nicht immer kohärent oder präzise ist. Es ist auch wichtig, GPT verantwortungsbewusst zu verwenden, da es Text generieren kann, der beleidigend oder unangemessen sein kann.“
Eigenzitat von ChatGPT
Fazit:
Chat GPT ist der aktuell beste Chatbot, den es zu finden gibt. Der Bot und natürlich künstliche Intelligenz im Allgemeinen hat das Potenzial die Art und Weise, wie wir zu Bildungsinhalten kommen grundlegend zu verändern. Die kostenlose Software öffnet Türen und zeigt, wozu künstliche Intelligenz fähig ist. Doch das ist nur der Anfang. Die schier unendlichen Möglichkeiten, die die künstliche Intelligenz bietet, werden zu einer nachhaltigen Veränderung des Lehren und Lernens der Zukunft führen.
Die ganze Thematik rund um künstliche Intelligenzen ist aber gruselig und faszinierend gleichermaßen. Unser Bildungswesen wird sich intensiv mit diesem neuen „Player“ beschäftigen müssen und entsprechende Maßnahmen treffen müssen. Die Software im schulischen Kontext komplett zu verbieten, halte ich allerdings für den komplett falschen Weg. Stattdessen würden die Jugendlichen die KI dann einfach zuhause nutzen. Viel wichtiger wäre es, die Schüler*innen entsprechend über die neuen Möglichkeiten der App zu informieren und auf die Chancen und Risiken hinzuweisen. [6]
In der mometanen Version (Jänner 2023) eignet sich die Software ideal dazu, um sich Wissen zu einem bestimmten Thema anzueignen, komplexe Texte zu vereinfachen oder Arbeitsschritte (z.B. bei der Programmierung) zu beschleunigen. Für Plagiate aller Art eignet sich Chat GPT momentan aufgrund fehlender Quellenangaben nicht.
Außerdem würde mir das als Deutschlehrer schon sofort auffallen, wenn meine Schüler*innen mit den hochgestochenen, generierten Texten von Chat GPT daherkommen würden. Das ist dann eben genauso, als würden sie einfach eine Text von einer Website oder aus Google kopieren. Auch was die angesprochene Kreativität angeht (Geschichten und Texte automatisch generieren lassen) wird der Mensch noch lange die Oberhand gegenüber einer Maschine behalten.
Auch aufgrund der (momentan) noch fehlenden Quellenangaben sind die Informationen, die Chat GPT ausspuckt mit außerster Vorsicht zu genießen. Gerade was „Beratungen“ und Empfehlungen des Chatbots betrifft, darf einer künstlichen Intelligenz nicht einfach blindlings vertraut werden.
Momentan kann niemand vorhersagen, was die Zukunft der künstlichen Intelligenz noch bringen wird. Ich muss bei dieser Thematik auf jeden Fall immer an folgendes Zitat von Stephen Hawking denken:
„Die Entwicklung künstlicher Intelligenz könnte entweder das Schlimmste oder das Beste sein, was den Menschen passiert ist.“
Stephen Hawking
Quellen:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/ChatGPT#cite_note-17
[2] https://twitter.com/jspeiser/status/1609912415289761795
[3] https://text.orf.at/channel/orf1/page/114/1.html
[4] Michael Moorstedt: Künstliche Intelligenz Chat GPT beantwortet Fragen verblüffend klug. In: sueddeutsche.de. 4. Dezember 2022, abgerufen am 07. Jänner 2023.
[5] https://openai.com/blog/chatgpt/
[6] https://www.derstandard.at/story/2000142168293/chatgpt-kuenstliche-intelligenz-in-der-schule
weiterführende Links zum Thema:
https://digitalanalog.at/paradigmenwechsel/ein-bot-als-herausforderung-chatgpt/
https://www.inside-it.ch/chatgpt-ist-lustig%2C-aber-zeitverschwendung-20221222