Einen Raum auf einem Blatt Papier richtig darstellen zu wollen ist gar nicht so einfach! Das Problem dabei ist, dass ein Blatt Papier nur zwei Dimension hat (Länge und Breite), wohingegen ein Raum drei Dimensionen besitzt (Länge, Breite und Tiefe). Hier kommt die Zentralperspektive ins Spiel!

Zentralperspektive

Um diese räumliche Tiefe richtig und glaubwürdig darstellen zu können, kommt ein weiterer Begriff ins Spiel: die perspektivische Verkürzung. Das bedeutet, dass alle Linien, die “in den Raum” führen, auf eine gewisse Art und Weise verkürzt dargestellt werden müssen. Die Frage ist nur, wie stark diese Linien verkürzt werden müssen.

Was ist Perspektive überhaupt?

Seit Menschengedenken spielte Kunst immer schon eine wichtige Rolle, doch die Idee einen Raum so darzustellen, wie er auch in Wirklichkeit erscheint ist relativ neu. Bis zum Mittelalter spielte die Perspektive, so wie wir sie heute kennen, keine Rolle.

Zentralperspektive

Damals wurde die Bedeutungsperspektive angewandt. “Wichtige Personen” aus dem Adel oder Klerus und natürlich auch heilige Personen wurden wesentliche größer dargestellt, als ihre Untergebenen (Bauern, Handwerker etc.). Ihr höhrer Rang innerhalb der mittelalterlichen Gesellschaft wurde also auch in den Kunstwerken jener Zeit anschaulich gemacht.

Schon viel früher, in der Kunst des antiken Griechenlands und auch schon im Alten Ägypten war das ähnlich. Die Auftraggeber von Kunstwerken waren jahrhundertelang hauptsächlich Adelige und Geistliche, da sich untere Gesellschaftsschichten es sich nicht leisten konnten, einen Künstler mit der Erstellung eines Gemäldes zu beauftragen. Diese überlegene Machtposition ist in mittelalterliche Gemälden deutlich erkennbar.

Die Erfindung der Zentralperspektive

Erst in der Renaissance (15. und 16. Jahrhundert) entsteht ein neues Publikum für Kunst. Mit der Emanzipation der Kaufleute und Seefahrer in Italien, der damit verbundene zunehmende Wohlstand innerhalb der Bevölkerung und den zufälligen Funden von antiken Kunstwerken vor allem in Rom kam es zu einer völlig neuen Sicht auf die Darstellung von Menschen. Von nun an nehmen sich die Künstler der Renaissance in der Kunst und in der Architektur die Antike zum Vorbild.

Die Künstler wollen plötzlich nicht mehr in Zünften organisiert sein, wie das noch im Mittelalter der Fall war. Sie signieren jetzt ihre Werke und stellen sich selbst dar. Sie wollen jetzt auch ihre Umgebung und vor allem Räume naturgetreu darstellen und entwickeln so die Zentralperspektive.

Zentralperspektive

Das Dreifaltigkeitsfresko des italienischen Künstlers Masaccio (1426, Santa Maria Novella in Florenz) ist das erste (Wand)gemälde, bei dem eine Zentralperspektive zum ersten Mal erfolgreich angewendet wurde.

Jetzt war es Künstler*innen endlich möglich eine räumliche Tiefe in ihren Gemälden zu erzeugen und dem Betrachter das Gefühl zu geben, in einen realen Raum zu blicken.

Wie wendet man die Zentralperspektive richtig an?

Um die Zentralperspektive in einem Bild richtig anwenden zu können, braucht es drei Begriffe: Horizontline, Fluchtpunkt und Fluchtlinien.

Bei der Zentralperspektive blickt der Betrachter direkt in einen Raum hinein. Der gedachte Horizont liegt dabei auf Augenhöhe des Betrachters. In der Mitte dieser gedachten Horizontlinie befindet sich der sogenannte Fluchtpunkt. Er heißt deshalb so, weil alle Linien, die in den Raum hineinführen “zu ihm hin flüchten”. Sie bewegen sich also sozusagen auf diesen einen Punkt zu.

Dieses Phänomen entspricht unseren natürlichen Sehgewohnheiten. Genauso sehen wir die Welt um uns.

Zentralperspektive

Alle gelben Linien (Fluchtlinien) laufen auf den (roten) Fluchtpunkt zu, der sich mittig auf der (grünen) Horizontlinie befindet. Alle anderen Linien, die sich horizontal und vertikal zum Bildrand befinden, bleiben unverändert.

Auf diese Art und Weise kann man einfach und schnell einen dreidimensionalen Raum auf einem zweidimensionalen Blatt Papier darstellen.

Blick ins Material

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Zentralperspektive

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Bildquellen:

mittelalterliches Gemälde: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/24/Meister_der_Manessischen_Liederhandschrift_004.jpg, Master of the Codex Manesse (Additional Painter I), Public domain, via Wikimedia Commons

Wandgemälde: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Masaccio_003.jpg, Masaccio, Public domain, via Wikimedia Commons

Holzsteg: https://pixabay.com/de/photos/pier-steg-meer-himmel-ozean-674722/