ChatGPT ist aktuell immer noch das Thema Nummer Eins im Bildungswesen. Viele Schulen fragen sich, wie sie mit der neuen Technologie am besten umgehen sollen. Die Möglichkeiten und Risiken der KI habe ich bereits in diesem Artikel erläutert. Hier möchte ich nun meine persönlichen Gedanken zum Einsatz von ChatGPT in der Schule erklären.
Die Nutzung von ChatGPT hat sowohl für Schüler*innen, als auch für Lehrkräfte zahlreiche Vorteile. Bei der Beschäftigung mit dem Thema muss man sich zwangsläufig auch mit einigen (auch unangenehmen) Fragen auseinandersetzen. Ich versuche hier mögliche Antworten dafür zu geben, wie Schulen meiner Meinung nach mit dem Thema KI-Einsatz umgehen sollten.
Müssen Schüler*innen jetzt nichts mehr leisten?
ChatGPT zu verwenden ist gar nicht so einfach! Und allein dieser Umstand würde die meisten meiner eigenen Schüler*innen bereits abschrecken. Man muss sich einen Account anlegen, sich mit seiner Handynummer verifizieren lassen und präzise Fragen stellen. Aber Spaß beiseite: Die KI ist momentan noch nicht perfekt. Sie macht immer noch genug Fehler, auch wenn die auf den ersten Blick gar nicht sofort auffallen.
Die Verwendung erfordert aber wirklich eine präzise Ausdrucksweise, weil die KI nur genau das macht, was man ihr vorgibt zu tun. So eine Ausdrucksweise ist für Lehrkräfte selbstverständlich, für Schüler*innen aber nicht. Mit ChatGPT haben nun außerdem auch Menschen Zugang zu Bildung, die zuvor nur wenige Berührungspunkte damit hatten, weil sie z.B. von zu komplizierten Texten immer abgeschreckt waren oder eine Lese-/Rechtschreibschwäche haben. Denn gerade wenn es darum geht, sich Faktenwissen in einfacher Sprache erklären zu lassen ist die KI spitze!
Was man dabei jedoch nicht vergessen darf: Schüler*innen der Unterstufe verwenden (zumindest an meiner Schule) auch noch Schulbücher, Arbeitsbücher, Arbeitsblätter und Lernapps. Und dort hilft ChatGPT nur bedingt weiter, wenn überhaupt.
Kann eine KI irgendwann Schule komplett ersetzen?
Keine KI der Welt wird jemals eine qualifizierte Lehrkraft oder Schule an sich ersetzen können. Denn Wissensvermittlung besteht eben nicht nur aus dem Erklärenkönnen von Faktenwissen. Diese Aufgabe übernehmen Youtube-Videos schon seit vielen Jahren. Außerdem war ein Schummeln doch auch früher bereits möglich, wenn man sich z.B. die Lösungshefte für seine Mathebücher gekauft hat. Trotzdem hat man dabei immer auch etwas (oder ganz besonders dann) gelernt.
Viel mehr geht es beim Lernen auch immer um die persönliche Beziehung zur Lehrkraft, um den Austausch mit anderen Klassenkolleg*innen, um Emotionen, um den Wettbewerb und den Vergleich mit Gleichaltrigen und eben um all das, was die Schule zu einem Ort der Begegnung macht. Die Lehrkräfte kennen die Schüler*innen bzw. Klassen gut und wissen, worauf sie bei jedem einzelnen besonders Wert legen müssen.
Sollte ChatGPT an Schulen grundsätzlich verboten werden?
Nein! Meiner Meinung nach wäre es der komplett falsche Weg die Verwendung von ChatGPT grundsätzlich zu verbieten. Einige Schule haben das dennoch bereits gemacht. Denn so ein Verbot würde die Aufmerksamkeit der Schüler*innen erst recht auf die KI lenken. Außerdem wäre es zwar theoretisch problemlos möglich die Verwendung von ChatGPT in Schulen zu verhindern, allerdings würde die KI dann einfach zuhause verwendet werden.
Macht KI das Lernen an sich überflüssig?
Genauso wenig wie die Erfindung des Internets und Google das Lernen überflüssig gemacht haben, verhält es sich auch mit künstlicher Intelligenz. ChatGPT kann natürlich Schüler*innen bei den Hausaufgaben helfen, aber komplett abnehmen kann sie sie ihnen trotzdem nicht! Schüler*innen lernen auf jeden Fall immer dazu, wenn sie die KI verwenden und ist das nicht genau das, was Lehrkräfte wollen?
Durch die Erfindung der Smartphones, sind nun auch nicht alle Menschen auf der Welt plötzlich superintelligent geworden. Ebenso verhält es sich nun mit KI und ChatGPT. Wer vorher schon keinen Wert auf Bildung gelegt hat, wird durch ChatGPT nicht plötzlich zum zweiten Einstein werden. Trotzdem kann KI den Wissenserwerb für jedermann zumindest erleichtern und somit den Zugang zu Bildung insgesamt niederschwelliger machen.
Kann KI den Wissenserwerb der Schüler*innen fördern?
Auf jeden Fall! Und der Wissenserwerb ist eben nicht nur auf aktuelle schulische Themen beschränkt. Was kann es denn eigentlich Schöneres geben, als wenn sich unsere Schüler*innen in ihrer Freizeit zu allen möglichen interessanten Themen mithilfe von ChatGPT fortbilden und ihr Wissen dann in die Schule mitnehmen und verbreiten. Denn mithilfe von KI kann man sich schnell und einfach zu allen möglichen Themengebieten informieren, ohne erst einen “Umweg” über Webseiten machen zu müssen. Und die Infos, die man von ChatGPT bekommt sind ja erst der Anfang. Wenn eimal ein Funke für ein bestimmtes Thema entfacht wurde, dann stehen die Türen zu einem vertiefenden Wissenserwerb ja ohnehin offen.
Kann die Nutzung der KI für das Erstellen einer wissenschaftlichen Arbeit oder VWA genutzt werden?
Ja und genau hierbei liegt der größte Kritikpunkt bei der Verwendung von KI. Die Gefahr, dass Jugendliche (und auch Student*innen) das Programm dazu verwenden, um wissenschaftliche bzw. vorwissenschaftliche Arbeiten (VWA) zu erstellen und als ihre eigenen ausgeben, besteht durchaus. Ein gutes Video von Norbert Netsch zeigt eindrucksvoll, wie einfach es ist, sich innerhalb von 30 Minunten eine derartige Arbeit (fast) komplett von ChatGPT erstellen zu lassen. Besonders gut (oder besser tiefgründig) sind die Ergebnisse zwar nicht, aber beeindruckend ist es trotzdem.
Gerade hier werden sich Bildungseinrichtungen unbedingt etwas einfallen lassen müssen! An ersten Möglichkeiten dafür wird allerdings bereits gearbeitet (siehe weiter unten)
Gibt es Möglichkeiten ChatGPT-Texte als solche zu erkennen?
Aktuell wird bereits fieberhaft an Möglichkeiten gearbeitet, um KI-Texte als solche zu entlarven. Die Lösung dafür ist denkbar einfach: Ein KI-generierten Text kann nur durch eine zweite KI erkannt werden. Das Tool GPT Zero des Princeton-Studenten Edward Tian soll dabei helfen können. Die Anwendung entstand in den vergangenen Weihnachtsfeiertagen. Als Motivation gibt Tian den Anstieg an KI-gestütztem Plagiarismus an. In diesem Standard-Artikel kann nachgelesen werden, die das Tool genau funktioniert.
Wie können Lehrkräfte überprüfen, was Schüler*innen wirklich können?
Ganz genauso, wie bisher auch! Die Tatsache, dass sich Schüler*innen jetzt auf Knopfdruck Texte erstellen lassen können ist schön und gut. Im Unterricht oder bei einer Prüfung oder Schularbeit geht das allerdings nicht. Wenn Schüler*innen dort dann selbstständig einen Text produzieren müssen, wird sehr schnell klar, was sie können bzw. nicht können.
Auch ein stärkerer Bezug auf die eigene Meinung der Schüler*innen zu einem bestimmten Thema könnte eine Lösung sein. Außerdem kennt jede Lehrkraft seine/ihre Schüler*innen genau. Man kennt das bisherige Leistungsniveau und es fällt sofort auf, wenn ein schlechter Schüler plötzlich nur noch perfekte Texte, Rechnungen, Arbeiten etc. abliefert.
Wenn aber KI zuhause den Schüler*innen dabei helfen kann, ihren eigenen Schreibstil bzw. die Rechtschreibung und Grammatik oder auch das Verständnis für Matheaufgaben zu verbessern, dann ist das doch umso besser für uns Lehrkräfte! Außerdem konnten Hausaufgaben bisher auch immer schon mithilfe von Lösungsheften, Nachhilfelehrern, Eltern oder Google erledigt werden.
Fazit:
Nutzen wir KI als Tool und als Möglichkeit den Unterricht zu verbessern und auf ein neues Level zu heben! Wie immer geht es bei neuer Technologie darum, sie nicht zu verteufeln, sondern ihre Vorteile zu entdecken und gewinnbringend zu nutzen. Natürlich gibt es allerdings, so wie bei jeder anderen Sache, eben auch Nachteile. Vor allem, was das Plagiieren und die Schwierigkeit des Nachweises solcher Plagiate angeht.
Ich persönlich sehe in ChatGPT das Potenzial für Weiterentwicklung der Schüler*innen und seien wir uns doch mal ehrlich: Kinder und Jugendliche, die grundsätzlich keine Hausaufgaben machen (wollen) und auch keinen Bock auf Schule haben, wird auch die Existenz von ChatGPT nicht zu Musterschüler*innen werden lassen.
Durch die Abgabe von KI-generierten Hausaufgaben werden die Schüler*innen noch lange nicht zu Einser-Kandidaten. Wenn die KI allerdings dabei helfen kann, Interessen zu wecken, beim Lernen zu unterstützen und Nachhilfekosten der Eltern zu senken, dann ist ihr Einsatz absolut gerechtfertigt!
Weiterführende Links: